LUFTDICHTHEIT
DER WÄRMETAUSCHENDEN GEBÄUDEHÜLLE


Lüftungswärmeverlust, Luftdichtheit


Behaglichkeit und Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden werden nicht nur durch die individuelle Einrichtung, sondern auch durch das Raumklima beeinflusst. Störend sind Undichtheiten in der wärmetauschenden Gebäudehülle, die zu Zugerscheinungen im Innern führen und vom Nutzer nicht zu beeinflussen sind.
Unter "Zugluft" versteht man im Fachchargon die unerwünschte lokale Abkühlung des menschlichen Körpers, die durch Luftbewegung verursacht wird. Die erhöhte Luftgeschwindigkeit in umittelbarer Umgebung hat bedeutenden Einfluss auf die Temperaturempfindlichkeit des Menschen. Erhöhte Lufttemperaturen sind nicht in der Lage, diese Unbehaglichkeiten zu kompensieren.- Im Gegenteil, sie verstärken noch den Effekt.

Grafik Gebäude, dass vom Wind angeblasen wird

An kalten, windigen Wintertagen und bei schlechter, undichter Bauausführung können die Lüftungswärmeverluste durch Leckagen so groß werden, dass die Heizung ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen ist.
In diesen Fällen ist es kaum möglich eine angenehme Raumtemperatur zu erreichen. Bei entsprechender Windanströmung kommt es im Gebäude zu Über- und Unterdruck.
Zum einen wird die kalte Luft durch Wind (Luv) in das Gebäudeinnere gedrückt und zum anderen die teuer erwärmte Raumluft durch Luftverwirbelungen an Gebäudekanten wie mit einem Staubsauger aus den Wohnräumen "gesaugt" (Lee).
Bei Überdruck strömt die feuchtwarme Luft durch Undichtigkeiten über die Konstruktion nach aussen (Konvektion). Genauso verhält sich höhere Temperatur im Innenraum gegenüber zur kälteren Außenluft, aber mit einer gemäßigteren Geschwindigkeit.

Die warme Raumluft ist durch den höheren Druck immer bestrebt, sich durch die Gebäudehülle mit der Aussenluft (niegrigerem Druck) auszugleichen.

Diffusion / Leckagen

Bei einer dichten Gebäudehülle findet der Druckausgleich nur über Diffusion statt. Bei einer undichten Gebäudehülle findet der Druckausgleich zusätzlich über Konvektion (Leckagen) statt. Hier können gegenüber der Diffusion große Mengen Tauwasser ausfallen, die schnell zu erheblichen Bauschäden führen können. Um dies zu vermeiden, werden z.B. im Dach Dampfbremsen oder Dampfsperren eingebaut, die auch gleichzeitig die Funktion einer Luftdichtheitsschicht übernehmen können.
Eine undichte Gebäudehülle, wie das untere Beispiel zeigt, kann z.B. durch eine nicht verklebte oder beschädigte Dampfbremsfolie entstehen.

Detailzeichnung Wandkonstruktion, Vergleich Diffusion und KonvektionDas errechnete Beispiel zeigt eine 15 qm große Dachkonstruktion. Über die "normale" Diffusion (siehe Links) gelangen pro Tag rund 7 g Wassermasse über die Bauteilfläche nach außen.
Hat sich jedoch im Dach eine durchgehende Fuge mit einer Breite von 3 mm und einer Länge von 1 m gebildet z.B. bei einer nicht verklebten oder beschädigten Dampfbremsfolie (siehe Rechts), so erreicht die Wassermenge bei 3 Pa (Pascal) Druckunterschied eine Wassermenge von rund 484 g, also fast ein halber Liter der als Tauwasser unkontrolliert pro Tag ausfällt.

Undichtheiten (Leckagen) an der Gebäudehülle führen i.d.R. zu Bauschäden. Gerade teure Sanierung sind die Folge, die z.B. durch den Hausschwamm oft zur Zerstörung der ganzen Konstruktion führen können. - Aber auch zu gesundheitlichen Schäden, sollten Schimmelbildungen lange Zeit unentdeckt bleiben.

Viele denken, dass undefinierte Leckagen zu einem Teil zur Deckung des hygenisch geforderten Luftwechsels beitragen, jedoch ist es auf diesem Wege nicht möglich und sollte dringend vermieden werden.


Es ist ein Irrtum zu glauben, dass durch einen ungesteuerten Luftaustausch, auch Inviltrationswechsel genannt, ein ausreichender Beitrag zur Feuchteabfuhr geleistet werden kann. .

So Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser vom Ordinarus der Technischen Universität München und ehemalige Leiter des Fraunhofer-Insitutes für Bauphysik.
Die Forderung nach dichten Gebäuden hat ihren Ursprung daher nicht in der Energieeinsparung, sondern in der Bauschadensvermeidung. Zuverlässig vermeiden lassen sich Bauschäden nur durch eine möglichst dichte Bauweise, eine gute Wärmedämmung und einen kontrollierten Luftwechsel.
Kontrollierten Luftwechsel können Lüftungsanlagen - mit oder ohne Wärmerückgewinnung - leisten.
Aber auch das mehrmalige tägliche Querlüften mit weit geöffneten Fenstern, ist eine geeignete Methode feuchte und verbrauchte Raumluft kontrolliert auszutauschen.

Es ist es aber auch so, dass selbst eine kontrollierte Fensterlüftung für den notwendigen Luftwechsel zu Lüftungswärmeverlusten in nennenswerter Höhe führt.

Mit zunehmendem Wärmeschutzniveau, also zunehmender Dämmstoffdicken, wächst zwangsläufig der Anteil der Lüftungswärmeverluste an den Gesamtwärmeverlusten.

Mit anderen Worten, der Transmissionswärmeverlust, also die Wärme die über die Gebäudehülle verloren geht nimmt ab, der Lüftungswärmeverlust bleibt aber gleich hoch.

Die Luftdichtheit ist somit die Voraussetzung für bedarfsgerechtes Lüften.

Aufgrund dieser Tatsache nimmt die Bedeutung der Luftdichtheit an der wärmetauschenden Gebäudehülle erheblich zu und ist in der Planung zu berücksichtigen. Ohne eine funktionierende Luftdichtheitsschicht, sind hochwertige Effizienzhäuser nicht zu realisieren, da die unkontrollierten Lüftungsverluste zu groß wären!
Auch der Einsatz von Lüftungsanlagen in einer undichten Gebäudehülle, würde aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn ergeben, da der Anteil der Energieeinsparung unter den Betriebs- und Wartungskosten liegen würde.

Um auch die kontrollierten Lüftungsverluste z.B. bei Fensterlüftung zu reduzieren, ist der Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zu empfehlen. Diese haben einen Rückgewinnungsgrad von ca. 80 - 95% und eignen sich besonders für eine bedarfsgerechte Frischluftzufuhr. Darüber hinaus können die Anlagen mit speziellen Filtern ausgerüstet werden und bieten gerade Allergikern ein befreiteres Wohnen.


Das Blower-Door-Messverfahren

Schon in den 70er Jahren wurde in Felduntersuchungen Undichtheiten an Gebäuden untersucht (Luftdichtheitsmessung). "Die Blower-Door" (blasende Tür), wie auch sprachgebrauchlich bekannt, wurde erstmals im Jahre 1977 in Schweden eingesetzt, allerdings wurde dies anfänglich in einem Fenster eingebaut, als "Blower-Window". Ake Blomstenberg exportierte später die Idee in die USA.

Grafik: Blower-Door-Test im Fenster eingebautFoto: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Ken Gadsby, damals Techniker an der Princeton University, gilt als der Erste, der eine praxistaugliche "Blower-Door" entwickelt hat.
In eine offene Außentür (Eingangs- oder Balkontür) wird ein Rahmen mit Gummidichtungen eingepresst, der mit einer Folie bespannt ist. In einer Öffnung der Folie wird ein Ventilator eingebaut, der einen Differenzdruck (Unterdruck oder Überdruck im Haus) erzeugt. Bei der Unterdruckmessung wird ermittelt, wie oft das Luftvolumen des Gebäudes bei einer bestimmten Druckdifferenz zur Außenluft pro Stunde ausgetauscht wird (Luftwechselrate n50). Die erzeugte Luftwechselrate 50 Pa bei der Messung entspricht in etwa einer "frischen" Brise mit einer Windstärke von 5 (Windgeschwindigkeit: 8,5 - 10,7 m/s).
Bei der Überdruckmessung kann alternativ das Haus auch mit Nebel gefüllt werden, um dann von außen die Austrittsstellen beobachten zu können. Dies ist auch bei bewohnten Häusern möglich.

Bild zeight Blower-Door-Test in einer Türe eingebaut

Mit dem automatisierten Blower-Door-Messverfahren steht ein standardisiertes Messmittel zur Verfügung, das nach der DIN EN 13829 (diese Norm ist in Deutschland zurückgezogen und wird mit Einführung des Gebäudeenergiegesetzes durch die neue EN ISO 9972 ersetzt) durchgeführt wird, um die Luftdichtheit eines Gebäudes quantitativ zu erfassen.
Ermittelt wird, wie oft das Luftvolumen des Gebäudes bei einer bestimmten Druckdifferenz (Luftwechselrate n50) zur Außenluft pro Stunde ausgetauscht wird. Um diesen Differenzdruck aufzubauen, wird in einen offenen Tür- oder Fensterrahmen die Messeinrichtung eingesetzt.

Die Drehzahl des Ventilators wird dabei so geregelt, dass sich der definierte Druck zwischen Außenluft und Innenraum i.d.R. bei 50 Pa einstellt. Um diesen Druck aufrechtzuerhalten, muss der Ventilator einen so hohen Volumenstrom fördern wie durch Leckstellen des Gebäudes nachströmen.
Dieser Zustand wird bei der Messung anhand einer Messkurve dargestellt und bezogen auf das beheizte oder gekühlte Luftvolumen des Gebäudes wird dabei der Volumenstrom (n50-Wert) ermittelt. Die erforderlichen Grenzwerte sollten nicht überschritten werden!

Weiterhin ist die Leckageortung ein Teil des Messverfahrens, womit Leckstellen an der Gebäudehülle auf diese Weise leicht gefunden werden können. Schon mit der bloßen Hand lassen sich die Leckstellen im Innern des Raumes ertasten. Sind Leckstellen vorhanden, zieht es sozusagen aus allen Ritzen.
Um auch Leckstellen besser dokumentieren zu können, lässt sich dies schon bei einem geringem Temperaturunterschied von 2° Grad zwischen Innen- und Aussenluft mittels einer Thermografieaufnahme (Hot-Cold-Spot) feststellen und auch bewerten.

Bei einer Überdruckmessung wird Luft in das Haus geblasen. Bei der Suche nach Leckagen können Räume alternativ mit einem Nebel gefüllt werden, um dann von außen die Austrittsstellen lokalisieren zu können. Dieser Vorgang ist auch bei bewohnten Häusern möglich, wird aber nur in bestimmten Fällen eingesetzt.

Die Bower-Door-Messung ist die Voraussetzung für die Umsetzung zeitgemäßer Energiekonzepte.
Energetische Maßnahmen wie beispielsweise der Einbau moderner Heizsysteme oder Fenster erreichen ihr Potenzial erst, wenn unerwünschte Leckagen in der Gebäudehülle beseitigt sind.

Weitere Hilfsmittel zum Orten von Leckstellen sind Rauchstifte, Anemometer und die Thermografie.

Mehr zum Thema "Blower-Door-Messung" finden Sie in unter der Rubrik "Leistungsangebote". - Oder Hier klicken!

 

Quellen:
  • DIN 4108, Teil 7 - Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen
  • DIN EN 13829 - Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden - Differenzdruckverfahren